Vom Joystick zur Tastatur
Wie Umwege zum professionellen Softwareentwickler führen! Ein ehemaliger Kranführer, der körperliche Behinderung erfuhr, geht nun seinen Weg im Software Engineering.
Written by Holger Dörner | Mittwoch, 26. Juni 2019
Manchmal ändern sich die Lebenswege auf eine Weise, die man nicht erwarten würde. Die Tatsache, dass dieser Satz etwas Wahrheit in sich trägt, ist etwas, das ich selbst erleben konnte.
Ich liebte schon immer PC-Spiele, besonders mit Joystick und Steuerung. Da Kräne im Grunde genommen reales, großes, teures Spielzeug für (mehr oder weniger) erwachsene Kinder sind, wollte ich schon immer einmal eines bedienen. Schließlich hatte ich die Chance, Kranführer für einen weltweit führenden Anbieter von Schwerlasttransporten zu werden. Ich begann als “Rigger” (jemand, der dafür verantwortlich ist, die Last so aufzurüsten, dass sie sicher angehoben und mit einem Kran bewegt werden kann) und konnte ziemlich schnell einen guten Ruf und genügend Know-how aufbauen. Die letzte Maschine, die ich in Betrieb nahm, hatte eine Hubkraft von 200-Tonnen.
Der Tag, an dem ich meine Zukunftspläne durcheinandergebracht habe, war nach einem Rockkonzert mit Freunden, ich konnte nicht laufen, weil ich massive Schmerzen im rechten Fuß hatte. Letztendlich stellte sich heraus, dass ich an einem Nervenschaden litt. Die Ärzte machten deutlich, dass ich meinen rechten Fuß nie wieder wie ein Durchschnittsmensch heben könne und es keine Behandlung zur Wiederherstellung dieses Nervs gäbe. Dieser Umstand sowie eine in 2005 diagnostizierte „Dystonie“ in meinem Oberkörper (meist in meiner rechten Hand und meinem Unterarm) ließ den Ärzten keine andere Wahl, als mir zu raten aus meinem Beruf auszusteigen.
Heute bin ich froh, um die Zeit, die ich vor dem PC verbracht habe, als ich jünger war. Denn dadurch habe ich, neben dem Spielen, einige breite IT-Fähigkeiten entwickelt, die heute sehr nützlich sind. Eigentlich kommt meine Leidenschaft für das Schreiben von Code von der Tatsache, dass ich mit dem Knacken von PC-Spielen nur aus Spaß und Neugierde begonnen habe ?. Im Laufe der Jahre habe ich viele verschiedene Technologien wie BASIC (auf einem alten Comodore C64 und unter DOS), Assembler, C/C++, C#, Python, JavaScript, HTML/CSS und neuerdings auch Java gelernt und verwendet. All das habe ich ohne jegliche Unterstützung aus eigenem Antrieb erlernt, denn Lernen und Verbessern ist meine Hauptmotivation; Neugierde ist meine Natur.
Also beschloss ich, den Weg zum professionellen Softwareentwickler zu gehen und kam vom Joystick zur Tastatur.
Die Widas Technologie Services GmbH gab mir die Möglichkeit, meine praktische Ausbildung im Rahmen meiner Umschulung in der Mannheimer Niederlassung zu absolvieren. Während meines Praktikums bei der Widas konnte ich bereits viele neue Technologien kennen lernen, wie Cluster-Umgebungen, Docker, Automatisierung mit Ansible, Java-Technologien wie Spring Boot und Apache Spark. Kürzlich habe ich auch meine erste Full-Stack Machine-Learning-Application fertig gestellt, um Texte von Songs nach ihrem Musikgenre zu klassifizieren (Text-Klassifizierung). Zudem habe ich einiges über Entwicklung und Kommunikation in einer agilen Umgebung gelernt, so dass ich nun eine Vorstellung davon habe, was Scrum wirklich bedeutet.
Ich genieße meine Zeit hier beim Team Widas sehr und freue mich auf die Aufgaben, die noch auf mich zukommen 🙂
Herzliche Grüße
Holger