Softwarelösungen im Zeitalter der Digitalisierung – Teil 1
Die Digitalisierung verändert, zerstört und generiert Geschäftsmodelle – soweit so abstrakt. Stand heute werden in diesem Zusammenhang dann stets erfolgreiche Digitalisierer genannt, die mittlerweile zumindest Millionen schwere Unternehmen sind. Dazu gehören die üblichen Verdächtigen wie Amazon, Airbnb oder Uber, die ganze Branchen revolutioniert haben und klassische Geschäftsmodelle auf den Prüfstand stellen. Gemeinsam haben alle eines: sie stellen nur eine digitale Plattform zur Verfügung und besitzen keinerlei physische Ressource. Die treibende und transformierende Kraft hinter alledem ist Software.
Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Management und Wirtschaftsforschung (IMWF) gehören in Deutschland heute 663 Unternehmen zu den digitalen Champions. Die meisten Softwarelösungen, die wir in gestandenen deutschen Unternehmen heute vorfinden, sind jedoch nicht mehr dafür geeignet, den Gipfel der Digitalisierung zu erklimmen. Folglich müssen neue Softwarelösungen her und Altsysteme abgelöst werden. Wie das gehen kann, erläutern wir in unserer drei teiligen Blogserie „Softwarelösungen im Zeitalter der Digitalisierung“. In Teil 1 behandeln wir die wesentlichen Herausforderungen, die die Transition mit sich bringt.
In Teil 2 werden wir Ihnen die fünf wichtigsten Kriterien aufzeigen, die aus technischer Sicht zu einer erfolgreichen Digitalisierung führen.
Teil 3 behandelt dann abschließend die Fragestellung „Best of Breed oder doch lieber alles aus einer Hand?“
Die Herausforderungen der Digitalisierung
Mit wissenschaftlichen Methoden herangegangen, könnte ich Ihnen jetzt eine Vielzahl von Berichten und Studien zitieren, um den Nachweis zu bringen, dass es im Grunde drei wesentliche Herausforderungen im IT-Bereich gibt, um eine Transition erreichen zu können:
Ausrichtung auf Geschäftsmodelle
Um sich den Herausforderungen der Digitalisierung zu stellen, ist es zunächst einmal notwendig, das eigene Geschäftsmodell und dessen strategische Ausrichtung auf den Prüfstand zu stellen. Dabei sei eines angemerkt: die digitale Abbildung bestehender Prozesse, wie beispielsweise die Digitalisierung eines Auftragsprozesse von der Bestellung bis zur Bezahlung, zieht keine Transformation des Geschäftsmodells als solches nach sich. Viele, die heute von Digitalisierung sprechen, meinen damit aber noch genau dieses – die Automatisierung von Prozessen durch Software.
Am Anfang einer „richtigen“ digitalen Transformation hingegen stehen Big Data Analysen und Leuchtturmprojekte rund um Industrie 4.0 oder Internet of Things. Immer mit dem Ziel, tiefergehende Informationen zu generieren. Denn Daten sind das Gold des neuen, digitalen Zeitalters. Intelligente Algorithmen werden dabei zu einem entscheidenden Produktionsfaktor und schaffen vollkommen neue Möglichkeiten unternehmerischer Wertschöpfung.
Und genau hier liegt oftmals der Knackpunkt. Geschäftsmodelle werden nicht hinreichend definiert und mit einem Businessplan plus den erforderlichen Softwareentwicklungsmaßnahmen versehen. Das Erreichen eines einheitlichen Verständnisses ist daher meist schwierig, zumal ein Vordenker (Thought Leader) entweder nicht verfügbar oder nicht mit Entscheidungskompetenz ausgestattet ist.
Der Faktor “Mensch”
In jedem Unternehmen gibt es IT-Spezialisten die aufgeschlossen gegenüber Neuem sind. Allerdings sind IT-Bereiche in der organisatorischen Ausrichtung klassischerweise nicht unbedingt auf Innovation ausgerichtet, sondern waren in der Vergangenheit überwiegend für den Betrieb und das Bereitstellen von IT-Diensten zuständig. Damit stellen sie einen meist nicht unerheblichen Kostenblock für ein Unternehmen dar. Selbst mit der Einführung eines CIOs oder CDOs, welche allenfalls bei großen Unternehmen anzutreffen sind, ist Innovation nicht automatisch vorprogrammiert solange diese Positionen nicht unmittelbar mit dem Unternehmenswachstum verbunden sind. Eine Studie des US-IT-Services-Anbieter Insight Enterprises zeigt, dass 87% aller IT-Entscheider es als Herausforderung sehen, den neuen Ansprüchen gerecht zu werden. Denn nach wie vor geht es auch noch darum, die bestehenden Systeme effektiv zu betreiben und diese gleichzeitig mit den Anforderungen der agilen, digitalen Welt in Einklang zu bringen.
Eine erfolgreiche Digitalisierung ist ohne externe Hilfe kaum möglich. Die Integration eines Beratungs- und IT-Dienstleisters, der Kenntnisse über den Einsatz und den Nutzen neuer Technologien sowie deren Umsetzungsfähigkeit hat ist quasi ein Muss. Dabei hat sich der End-to-End-Ansatz bewährt, bei dem der Sparringpartner neben den Beratungsleistungen auch die Projektumsetzung und im Idealfall den Betrieb der Lösungen übernimmt.
Der Faktor “Zeit & Geld”
Diese Argumentation ist leider nicht ganz von der Hand zu weisen. Insgesamt gesehen steigen die Ausgaben in der IT jedoch, weil immer mehr Prozesse von Softwarelösungen unterstützt werden, die Fertigungstiefe in der IT zu hoch ist und Altsysteme nicht konsolidiert werden. Dies belegen auch Zahlen von Gartner, die für das Jahr 2019 einen Anstieg der weltweiten IT-Ausgaben um 3,2% gegenüber dem Vorjahr prognostizieren.
Der Digitalverband Bitkom hat in einer Umfrage zum generellen Stand der Digitalisierung ermittelt, dass jeder dritte Manager vor allem die fehlende Zeit durch das Alltagsgeschäft als eine Hürde für den Einsatz neuer Technologien betrachtet. Jeder fünfte, der 604 befragten Unternehmen, proklamiert vor allen die fehlenden finanziellen Mittel.
Um Innovationen schnell umzusetzen und Wettbewerbsvorteile zu erzielen wird sich mittlerweile oftmals der Lean Startup Methode MVP (Minimal Viable Product) bedient. Getreu dem Motto „Keep it short and simple“ werden initial nur so viele Funktionen entwickelt, damit die ersten Anwender es reibungslos nutzen können und zufriedengestellt sind. Der Launch des Produkts oder Services erfolgt quasi im Rohzustand und wird im laufenden Betrieb mithilfe von Kundenfeedback schrittweise optimiert.
Neues Denken in der IT
Die vorgestellten Thesen sind zugegebenermaßen etwas provokant formuliert. Das ist beabsichtigt, denn Unternehmen müssen umdenken, um erfolgreich zu bleiben. Vor ungefähr neun Jahren (2010) erläuterte ich in Kundengesprächen, warum Commodity-Software nicht von einem Anwender-Unternehmen selbst betrieben werden sollte. Der Betrieb dieser Software in eigenen Räumlichkeiten und mit eigenem Personal bietet gemeinhin keinen Wettbewerbsvorteil. Von IT-Leitern wurde dieser Ansatz damals als nicht durchsetzbar, teilweise sogar als nicht sinnvoll beurteilt. Heute, in 2019 denken sehr viele Unternehmen darüber nach Ihre Office-Suiten in die Cloud zu verlegen und die Services bspw. von Google, Microsoft und anderen zu beziehen. Viele andere Unternehmen haben dies längst getan. Dieser Trend wird sich fortsetzen und selbst bei Finanz-/Controlling-Systemen oder HR-Lösungen sind viele Unternehmen besser aufgestellt, wenn sie diese „as a Service“ nutzen.
Commodity Software:Als Commodity-Software bezeichnet man eine einheitliche und marktgängige Lösung, die sich häufig nur durch den Preis von Wettbewerbern unterscheiden.
Ist eine Softwarelösung jedoch Teil des USPs – und das ist im Zeitalter der Digitalisierung nicht unwahrscheinlich – dann ist eine Individualentwicklung in vielen Fällen der beste Ansatz. Mehr zu der Thematik „Make vs. Buy – wann sollte out-of-the-box gekauft werden und wann lohnt sich eine individuelle Lösung“ finden Sie in meinem letzten Blogbeitrag.
Viele traditionelle Branchen stehen durch die disruptiven Veränderungen der letzten Jahre vor einem grundlegenden Wandel. Die neuen digitalen Technologien und Services stellen den Markt auf den Kopf und schaffen völlig neue Kundenanforderungen. Die Gewinnung von Daten und Informationen sind das Öl des digitalen Zeitalters. In dieser neuen Welt gewinnt Software gegenüber Hardware.
Abschließen möchte ich den ersten Teil unserer Blogserie mit dieser chinesischen Weisheit: „When the wind of change blows, some people build walls, others build windmills.“
Mein Appell daher: Verpassen Sie nicht den Anschluss und fangen Sie frühzeitig an, die „Windmühlen“ aufzubauen. Die Entwicklung in Richtung Digitalisierung ist nicht zu stoppen. Das Internet der Dinge hält unaufhörlich Einzug in unser Leben.
Thomas Widmann ist Gründer und Geschäftsführer der Widas Unternehmensgruppe. Er definierte das Unternehmensleitbild „Bigger Picture der IT“ welches er mit Leidenschaft und Engagement vorantreibt. Als Vor- und Querdenker ist seine Mission, Unternehmen bei der Umsetzung ihrer neuen, digitalen Geschäftsmodellen zu unterstützen.